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Urlaub, Brasilien und die Wahrheit über Bohnen

Urlaub am Meer – wundervolle Zeit!
Muße, Genussmomente, Pflichten in der Heimat zurückgelassen. Willkommener Tapetenwechsel. Die warme, salzige Luft tanzt um die Nase, und fegt die Erinnerungen vom letzten Strandbesuch wieder aus der Vergessenheit hervor, lange bevor man das glitzernde Blau erblickt. Beim Beobachten der örtlichen Fischer, wie sie ihre Arbeit auf den kleinen, bunten Boten verrichten, sind Gedanken an Zuhause plötzlich ganz weit weg. Kein Wundern mehr, ob ich den Müll noch rausgebracht habe oder nicht. Die Sorgen des Alltaglebens treiben auf den kühlenden Wellen um meine Füße davon. Dann weiß ich, ich bin angekommen. Brasilien.

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Wann immer ich hier bin, genieße ich nicht nur die Magie des Ozeans mit seinen sandigen Stränden und Kokospalmen, sondern auch die Kultur der Brasilianer. Unterschiede in unseren Wegen und wie wir unseren Tag gestalten, fallen sofort auf. Viiiiel zu spät zu sein, ist in Brasilien beispielsweise keine große Sache, während man das hier in Österreich als eine ziemliche Frechheit empfinden würde. Aber dann spricht man mit den Menschen, man scherzt und lacht und teilt Geschichten übers Leben. Und man merkt, wieviel wir auch gemeinsam haben.
Man findet alle möglichen Charaktere: vom gutherzigen alten Großvater, der nichtsdestoweniger sich gerne über alles und jeden beschwert, der seinen Weg kreuzt; zur gestressten Mutter, die Kind, Arbeit und Haushalt händelt; bis hin zum naiven Kind, das noch viel über unsere Welt lernen muss… Ca. 9.500,00 km Distanz, aber was uns im Inneren bewegt, was uns motiviert, die großen Fragen im Leben: alles gleich.

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Ebenso: die Liebe für gutes Essen :–)
Und davon gibts hier viiiieeel :–D Wenn es eine Wissenslücke zur brasilianischen Küche zu schließen gilt, dann diese: “arroz e feijão”  [a.ˈho(j)s i  fɐj.ˈʒɐ̃w̃]. Zu Deutsch “Reis und Bohnen”. Landet mindestens einmal täglich auf den Tischen (im Regelfall). Oder sogar zweimal, was toll ist, weil’s einfach soooo leckeres und befriedigendes Essen ist. Speziell serviert mit frischem Koriandergrün und Farofa. Dazu gibt’s eine Reihe von weiteren Leckereien, wie Fleisch, rohes und/oder gegartes Gemüse, Salat oder Eier.

beans bohnen feijoada brazilDa die österreichische Küche sicherlich nicht für Bohnen (es gibt lokale Ausnahmen) bekannt ist, wusste ich bisher nicht sonderlich viel darüber. Außer wie man Salat mit Dosen-Bohnen zubereitet. Und wenn ich den dann verspeist hatte, naja… sagen wir mal, mein Rock ist geflogen ohne einer Windmaschine in der Nähe ;–) Das hat mich nicht gerade für Bohnen begeistert. Das Schicksal musste sich schon ganz schön anstrengen, um mich auf einen Bohnen-Liebhaber-Kurs zu bringen UND ganz ohne Blähungen: Ich hatte einen Job, der nicht richtig für mich war, weshalb ich für eine Abenteuer-Auszeit ins Ausland ging, wo ich in einem Dubliner Pub einen herzensbrecherischen Brasilianer kennenlernte, und lieben lernte, welcher mich dann in seine Heimat gebracht hat. Und da wären wir: Brasilien, Land der Bohnen – kein Weg vorbei an den kleinen, kullernden Dingern hier ;–)

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Also, was ist das Geheimnis Bohnen zu kochen, ohne die Zutat potentielles Gas? Die Wahrheit ist: es kommt gar nicht so sehr auf die Art der Zubereitung an, sondern es ist viel mehr eine Frage der Häufigkeit mit der generell Bohnen verzehrt werden. Denn, die “Wind-Power” (vom Menschen unverdaubare komplexe Kohlehydrate) kann weder durch Einweichen, noch durch Kochen ausgeschaltet werden. ABER je öfter wir sie essen, umso mehr trainieren wir unsere Darmflora mit diesen Kohlenhydraten zu arbeiten. Die Bakterien unserer Darmflora sind nämlich sehr wohl in der Lage noch für sie “Essbares” aus den komplexen Kohlehydraten herauszuholen. Umso besser diese ihr Futter kennenlernen, desto effizienter sind sie beim Speisen. Als Resultat produzieren die Bakterien weniger Gase. Schließlich wirst du dich selbst nicht wiedererkennen: 2 Portionen Bohnen und… nichts! Weder eine leichte Brise, noch ein Hurricane zu berichten!

Ich habe noch keinen Brasilianer mit Bohnen-Gas-Problemen getroffen. Und ihre Meinungen zur korrekten Zubereitung könnten unterschiedlicher kaum sein: Vom 30-minütigen Einweichen, zum Einweichen über Nacht, bis hin zum gar nicht Einweichen sondern gleich im Schnellkochtopf garen. Oder im normalen Kochtopf mit Deckel. Oder ohne Deckel… und das Ergebnis betreffend Blähungen ist identisch: keine.

Es gibt jedoch einen bedeutenden Fakt, dem sich viele nicht bewusst sind. Einweichen von Bohnen hat durchaus seine Berechtigung und Wichtigkeit. Der Grund ist nicht primär die Reduktion von Blähungen, wie oft vermutet, sondern das Abbauen natürlich enthaltener Giftstoffe in harmlose Bestandteile der Bohne. Einweichen erzeugt diesen Vorgang.
Aber nun bitte keine Phobie gegen uneingeweichte Bohnen entwickeln! Wer hat schon jemals von einer eifersüchtigen brasilianischen Ehefrau gehört, die versuchte ihren fremd gehenden Ehemann mit einer Portion Reis und Bohnen zu ermorden, richtig?!? Es handelt sich nicht um den Biss einer Kobra. Unser Körper kann damit umgehen, aber wir würden uns eine unnötige Last ersparen. Also, weich sie ein!

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Und so, mein Freund, macht man leckere Bohnen:

  1. Weiche sie ein – ca. 1 Teil Bohnen plus 3 Teile Wasser (Einweichzeit unterscheidet sich je nach Sorte – besser länger als kürzer. Ich find’s praktisch über Nacht. Große Bohnen benötigen sogar bis zu 24 Stunden.)
  2. Koche sie in einem großen Topf mit leicht geöffnetem Deckel oder ohne oder benutze deinen Schnellkochtopf. Koche sie bis sie weich sind. “Al dente” ist hier nicht das Ziel! Für eine optimale Verdauung müssen sie komplett durchgegart sein = weich (auch hier kommt es auf die Sorte, sowie die Größe und das Alter der Bohnen an. Gib Salz, Zitrus und Essig erst gegen Ende der Kochzeit dazu, da sie das Weichwerden innerhalb eines angemessenen Zeitraums verhindern können.)
  3. Von hier steht dir alles offen: Würze sie nach deinem Geschmack, zerstampfe ein paar und koch sie noch ein bisschen weiter für eine cremigere Konsistenz und serviere mit Reis oder Brot; seihe sie ab und verwende sie in Salaten, Suppen, als Basis für deinen Humus-artigen Dip, für Veggie-Burger…

Bohnen sind so vielseitig! Gut zu wissen: sie lassen sich gut einfrieren, was bedeutet, Reste im Tiefkühler können wunderbar Dosen-Bohnen ersetzen. Das spart Geld (denn getrocknete Bohnen sind im Regelfall viel günstiger) und Aluminium.

Nebenbei bemerkt, Bohnen sind nicht nur lecker, sondern auch richtig gesunde Lebensmittel mit einem tollen Profil an Vitaminen, Mineralstoffen, ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und der “gute” Sorte Kohlehydrate. Außerdem beinhalten sie einen großen Anteil Eiweiß, der sie zu einer interessanten Wahl für all jene macht, die auf tierische Lebensmittel verzichten wollen oder müssen. Stelle nur sicher, dass du sie mit Getreide kombinierst (Reis, Brot, Mais,…) um ein komplettes Set der lebensnotwendigen Eiweiße zu erhalten. Die Bohnen alleine können dir das nicht geben. Aber in Verbindung mit Getreide sind sie eine wundervolle Eiweißquelle! (Frag mal das Web zu “Biologische Wertigkeit” falls du gerne mehr dazu wissen möchtest).

Noch 2 Tipps für gute Verdauung:

  • Bestimmte Zutaten wie Ingwer, Pfeffer, Chili, Bohnenkraut, Zitrus, Essig, Senf, Kümmel, Kreuzkümmel, oder Koriandersaat können uns unterstützen.
  • Kaue deine Mahlzeit gut durch und nimm dir Zeit zum Genießen! Die Verdauung von Kohlehydraten beginnt nämlich bereits im Mund.

Offensichtlich habe ich heute ein Bohnenrezept für dich. Feijoada [fej.ʒuˈadɐ]. Ich würde sie als brasilianisches “Wiener Schnitzel” bezeichnen, da Feijoada als Nationalspeise des Landes gesehen wird. Es handelt sich dabei um einen Eintopf aus schwarzen Bohnen, verschiedenen (geselchten) Teilen vom Schwein, Würsten, getrocknetem Rindfleisch, Zwiebeln und Knoblauch. Das traditionelle Rezept verlangt sogar nach Ohren und Füßen vom Schwein. Ein eher schweres Gericht, welches für Zusammenkünfte von Familie und Freunden gekocht wird (um gemeinsam das mega-wichtige Fußballspiel zu verfolgen, Geburtstage…) oder wann auch immer ihnen nach diesem herzhaften Mahl ist ;–) Es wird mit Reis, eine Art Kohl, Farofa und manchmal Orangen (unterstützt Verdauung) serviert. Heutzutage sind viele verschiedene Varianten in Restaurants erhältlich, von der traditionellen bis hin zur “schlanken” Art mit weniger fetten Fleischteilen/Würsten und sogar vegetarische Feijoadas kann man finden. Ein Blick in die Kochtöpfe der brasilianischen “Donas” verrät, dass jede Familie ihren Eintopf ein bisschen anders zubereitet. Und jede ist stolz auf ihre “beste” Feijoada ;–)

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Die authentische Feijoada auf den Fotos hier wurde uns von Dudu und seiner Frau Jaqueline gezaubert. Die beiden arbeiten im Strandhaus, wo wir unseren Urlaub verbrachten. An dieser Stelle: vielen Dank für das leckere Lunch, ihr zwei! :–)

In der Zwischenzeit kann ich bereits mit meinem eigenen perfekten Familien-Rezept aufwarten, da die in Österreich verfügbaren Fleischprodukte doch etwas anders sind (…und ich einfach nie ein Rezept in Ruhe lassen kann… ;–)  ). Ich habe versucht dem Original, bei gleichzeitiger Fett- und Salzreduktion, so nahe wie möglich zu kommen und ließ es sodann von meinem persönlichen Brasilianer verkosten: meinem Mann. Er hat gleich 2 Portionen verspeist und überall verbreitet, dass WIR die beste Feijoada haben :–D Meine Familie war auch zum brasilianischen Lunch geladen und ebenfalls begeistert. Obwohl sie normalerweise keine “Bohnen-Esser” sind (wie ich früher). Also, voller Erfolg! Daher jedenfalls teilungswürdig. Ich hoffe du wirst auch ein großartiges Geschmackserlebnis haben! Und fühle dich ermutigt, dein ganz eigenes stolzes Familien-Rezept zu kreieren!

Los geht’s:

Zutaten:

  • 400 g schwarze Bohnen, über Nacht eingeweicht
  • 350 g Selchroller
  • 75 g geselchter Speck
  • 125 g herzhafte Brühwurst wie “Braunschweiger”
  • 500 g geselchte Schweinsripperl
  • 2 große Zwiebeln
  • 1/2 KnoblauchKNOLLE
  • 1 Lorbeerblatt
  • einige Zweige frisches Bohnenkraut
  • 1/4 TL ganzer Kümmel
  • 1/4 TL ganze Koriandersamen

Falls du dich gerade wunderst: nein, kein Salz. In den Fleischprodukten steckt bereits genügend.

Zubereitung:

  1. Am Abend vor dem Dinner die Bohnen einweichen. Du solltest dich auch entscheiden, ob du diese in einem großen Topf oder im Schnellkochtopf zubereiten möchtest, da sich das auf deinen Zeitplan auswirken wird.
  2. Am Kochtag: Seihe die Bohnen ab und wasche sie ordentlich unter fließendem Wasser. Gib sie in deinen Topf mit einem Liter Wasser. Einmal aufkochen und dann solange köcheln lassen, bis die Bohnen fast weich sind. Das braucht im Schnellkochtopf ca. 20 Minuten, im normalen Topf ca. zwischen 1 und 1 1/2 Stunden. Bereite dir auch etwas kochendes Wasser (Wasserkocher), falls du zwischendurch etwas nachgießen musst. Die Bohnen sollten immer mit Wasser bedeckt sein.
  3. In der Zwischenzeit eine Pfanne am Herd heiß werden lassen und Kümmel sowie Koriander einstreuen. Solange (ohne Öl-/Fettzugabe) rösten, bis die Samen ihre wundervollen, typischen Düfte freigeben. Dabei immer etwas an der Pfanne rütteln oder umrühren, damit nichts anbrennt. Die Gewürze auf ein Teller leeren, da du die Pfanne gleich wieder brauchen wirst.
  4. Zwiebel schälen, halbieren und in ca. 3 mm dicke Halbringe schneiden. Knoblauch schälen und pressen oder klein hacken.
  5. Speck in ca. 1 cm große Würfel schneiden und in die heiße Pfanne geben. Solange (ohne Öl-/Fettzugabe) anbraten, bis der Speck schön knusprig geworden ist. Nun Zwiebel hinzufügen und mit anbraten, bis sie weich sind und Farbe genommen haben. Schließlich noch den Knoblauch unterrühren und ca. 1 Minute weiterbraten – aber Knoblauch nicht anbrennen lassen, sonst wird’s bitter! Zur Seite stellen.
  6. Braunschweiger in ca. 1 cm dicke Scheiben schneiden, Selchroller in ca. 3 cm große Stücke schneiden und die Ripperl nach jedem zweiten Knochen durchschneiden.
  7. Sobald die Bohnen fast weich sind, Kümmel und Koriander im Mörser leicht anschlagen und gemeinsam mit allen anderen Zutaten zu den Bohnen geben. Nochmals zum Kochen bringen und solange weiter köcheln, bis die Bohnen weich sind, aber jedenfalls für eine weitere 1/2 oder ganze Stunde, damit die einzelnen Geschmackskomponenten Zeit haben sich zu diesem megaleckeren Soulfood zu verbinden. Umso länger es köchelt, umso besser, nicht nur zwecks Geschmacksfusion, sondern auch damit die Bohnen teils aufbrechen und diese wundervolle, cremige Konsistenz schaffen. In diesem Stadium immer wieder ans Umrühren denken, damit sich nichts am Topfboden anlegt und anbrennt.
  8. Mit Reis und blanchierten, kurz gebratenem Kohl (lecker mit etwas Knoblauch) oder frischen grünen Salaten servieren. Und Farofa, falls verfügbar :–) Mahlzeit!

Reicht für 8 to 10 Portionen. Oder eine 4-köpfige Familie mit Platz im Tiefkühler ;–)

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